Fitnesspark Stadelhofen, Zürich
Es ist schon vielpassiert auf diesem Fleckchen Erde im Seefeld in Zürich. Nur wenige Schritte entfernt finden wir im Opernplatz Parkhaus die letzten Spuren einer der ältesten Pfahlbauer Kulturen. An die jüngere Vergangenheit erinnert der Name der Straße an der sich der neuste Fitnesspark der GMZ befindet, die Hufgasse. Er verweist auf die Reitschule, die sich an diesem Ort im 19. und zu Beginn des 20. Jhdt über einen längeren Zeitraum angesiedelt hatte. Mit der elektrischen Straßenbahn und dem Ausbau der städtischen Infrastruktur wurde diese ”öffentliche Reitanstalt für Damen und Herren“ verdrängt, sie ging 1928 Konkurs. In der Nachkriegszeit der späten 40iger Jahre des letzten Jhdt entstand das heutige Gebäude an der Hufgasse 10, im dynamischen Herzen der Stadt. Lange Zeit wurde es von verschiedenen Gewerbetreibenden genutzt, vor allem als Autogarage der Th. Willy AG mit einer der größten Liftanlagen der vergangenen Tage:man konnte mit dem Wagen bequem im EG in den Lift fahren und in der 1. Etage das Auto in die grossräumige Werkhalle rollen lassen. In der neueren Zeit nutze die weltweit aktive Agentur Reuters weite Teile des Hauses.
Diese vielen Geschichten in und um das Haus begeisterten uns von Beginn an, machten das Thema der Überlagerungen, der Spiegelungen, der Versatzstücke zu einem zentralen Fokus der gestalterischen Auseinandersetzung. Dabei wies uns das Gebäude selbst mit seinen Eigenheiten den Weg: das bebaute Grundstück sorgte in dem ansonsten orthogonal ausgerichteten Baukörper für einen Knick im Volumen, eine räumliche Besonderheit, die wir uns mit der Gelenkfunktion der zentralen Erschliessung zu Nutze machten. Besonders prägend dann im Inneren das statische System des Hauses, mit riesigen Pilzstützen, wie aus der Zeit gefallen und mit hohem Identitätscharakter. Sie rückten in den Mittelpunkt unserer Grundrissstudien.
Die weiten offenen Geschosse mit den dreiseitigen Fensterfronten waren lichtdurchflutet, wirkten in der Proportion aber auch gedrungen. Um etwas Grosszügigkeit und Orientierung in die Anlage zubringen, war eine grosse Geste erforderlich:zwei grosszügige, statisch ausgereizte Deckendurchbrüche im Eingangsbereich verbinden nun das Erdgeschoss mit dem 1.Obergeschoss und thematisieren in ihrer Form und Lage den Erschliessungskeil. Die darin eingebettete, zweiflügelige Treppe mit ihrem Geschoss übergreifenden, differenzierten Volumen unterstreicht die Öffnung des Gebäudes an dieser Stelle, macht die Abläufe innerhalb der Anlage jedem Besucher erfahrbar und generiert eine dichte Atmosphäre des Willkommens.
Offenheit, Transparenz, durchgängige Blickbezüge tragen die Gestaltidee des Fitnessparks wo immer möglich. Grosseräumliche Volumen, in denen auf allen 3 Ebenen gemeinsam trainiert wird, wechseln sich mit feingliedrigen Raumstrukturen im Inneren der Schatulle im 1.OG ab, in welcher sich Garderoben, Duschen und der kleine, aber feine Wellnessbereich befinden.
Bestehende tragende Strukturen wurden weitestgehend in ihrer Rauheit belassen und nur durch eine leichte Lasur in das Gesamtkonzept gestalterisch eingebunden. Ihre sichtbaren Spurenverweisen auf das zuvor Gelebte und werden zu einem sorgfältig differenziertenAusbau in Kontrast gesetzt. Gefundenes trifft auf Erfundenes - im Zusammenspiel für ein Stück Zukunft. Funktionale Anforderungen machten den Einsatz unterschiedlichster Materialien erforderlich, Holzböden in der Fitnessarena und im Kursraum, verschiedene Kunststoffbeläge im Freihantel und im Functional Bereich, Feinsteinzeug in den Nassbereichen, Vollkernplatten bei den Garderobenschränken, Sperrholzplatten als Schatullen Verkleidung, Streckmetalldecken im Erschliessungsbereich, akustisch wirksame Faserplatten in den Trainingsbereichen.
Die Diversität der Oberflächen war funktionsbedingt vielfältig - harmonisiert wird diese Vielfalt in einer durchgängig abgestimmten grautönigen Farbgebung. Dieser grauen Basis wird ein spektrales Schillern gegenübergestellt. Zum einen in den dynamisch polychromen Vorhängen, die kraftvoll zwischen dem Inneren und dem Äusseren vermitteln. Zum anderen durch denEinsatz irisierender Folien auf gläsernen Wänden und Türen. Diese Flächen verändern sich mit dem Blickwinkel des Betrachters und dem Lichtspiel. Sie tauchen den Raum in immer wieder neueTöne, werfen farbige Schatten, führen mit ihren Spiegelungen und Durchsichtigkeiten zu beeindruckenden visuellen Überlagerungen.
Eine Reminiszenz an die bunteCommunity der Trainierenden und ihre dynamischen Bewegungen im Raum. In einem transitorischen Stadtraum ist eine farbenfreudige, vielschichtige Oase entstanden, die sich der Vitalität und der Begegnung ihrer Gäste verschrieben hat.
Ushi Tamborriello, im August 2020